Tagebucheintrag, 08. Mai 2017
»Operation Castus« ist gescheitert. Um 12.00 Uhr MEZ wurde das erste Ziel getroffen. Die Anlage in Grünau ist zerstört. Um 12.01 Uhr MEZ detonierten neun weitere Sprengladungen auf dem Europaflughafen bei Mainz. Die Auswirkungen waren verheerend – Terminal 1 und 2 haben schwere Schäden erlitten, während Terminal 3 fast dem Erdboden gleichgemacht wurde. Lediglich der Rohbau des neuen Terminals 4 steht noch. Auf allen Kanälen sieht man die Bilder der Zerstörung. Welch ein Anblick! Die Ergebnisse sind beeindruckend, waren jedoch so nicht geplant. Ich muss jetzt alles noch einmal durchgehen. Irgendwo steckt ein Fehler, irgendetwas habe ich übersehen … Ich muss die Tagebucheintragungen meines Vaters nochmals durcharbeiten. Ich habe ihm mein Ehrenwort gegeben und das werde ich halten. Koste es, was es wolle – wir werden siegen!
Deutschland, 8. Mai 2017, später Abend – SoKo »Europaflughafen«
»Sehen Sie das?«
Die anderen im Raum traten näher.
»Spielen Sie das noch mal ab!« Der Beamte am Computer ließ die Aufzeichnung erneut über den großen Bildschirm laufen. Erst in normalem Tempo, dann immer langsamer.
»Und das ist alles, was wir haben?«, fragte einer der Anwesenden. Der Beamte am Computer nickte. Er war erschöpft, genauso wie die anderen Mitarbeiter im Raum. Nach der Katastrophe waren sie alle hier zusammengezogen worden. Eine notdürftig eingerichtete Ermittlungszentrale, so nah wie möglich am zerstörten Europaflughafen. Sie alle waren Spezialisten auf ihrem Gebiet. Dafür ausgebildet, im Falle eines Horrorszenarios wie diesem die Arbeit aufzunehmen. Aber darauf hatte sie niemand vorbereitet. Es gab keine Spuren, keine Hinweise. Niemand wusste, was passiert war. Es gab kein Muster und keinen Anhaltspunkt darüber, was überhaupt die Detonationen ausgelöst hatte. Ein Angriff aus der Luft konnte ausgeschlossen werden. Ein Angriff von innen schien unwahrscheinlich.
In den letzten zwei Jahren war der Europaflughafen zu einem der sichersten Plätze der Welt gemacht worden. Alle renommierten Sicherheitsexperten schlossen Selbstmordattentäter oder Bombenkoffer aus. Vielleicht wäre ein Sprengstoffkoffer durchgekommen. Eine Explosion, die man nicht hätte verhindern können, aber das … Alle waren sich darüber im Klaren, dass man, was die Theorie eines Anschlags anging, komplett im Dunkeln tappte. Ein Sachverhalt, der die leitenden Beamten der Sonderkommission über einen möglichen Unfall nachdenken ließ. Eine Theorie, die man nun mit Eifer versuchte zu belegen.
Der Beamte fing an zu sprechen: »Sämtliche Kameras im Innenbereich sind ausgefallen, bis auf diese.« Er deutete mit dem Finger auf den Bildschirm, dann fuhr er fort: »Wir wissen, dass es kurz vor den Explosionen einen riesigen Energieanstieg gegeben hat, dann ist die gesamte Technik ausgefallen. Einige Außenkameras haben ›überlebt‹. Aber bis auf diese Aufnahmen aus Terminal 1 haben wir nichts wirklich Brauchbares.«
Wieder startete der Beamte die Sequenz. Die Männer und Frauen im Raum starrten reglos auf den Bildschirm. Der Anblick, der sich ihnen bot, würde sich für immer in ihre Köpfe einbrennen. Einige rangen nach Luft, hofften, dass die anderen ihren Schmerz und ihre Angst nicht bemerkten. Sie wollten stark sein für diese Aufgabe, doch die Bilder zwangen die meisten in die Knie. Auch erfahrene Ermittler schluckten schwer.
Die belegte Stimme des Beamten durchbrach das Surren der Computer: »Das Mädchen, es scheint etwas zu bemerken. Es streckt die Hand aus …« Dann brach ihm kurz die Stimme, bevor er sich räusperte und fortfuhr: »Für das Protokoll: Auf dem Bildschirm sieht man dieses Kind, vielleicht sechs Jahre alt. Es trägt eine blaue Latzhose, weiße Söckchen und kleine Turnschuhe. Die braunen Haare sind zu zwei Zöpfen geflochten. Die Anzeige auf dem Bildschirm zeigt 11.59 Uhr.« Wieder musste sich der Sprecher räuspern. Die Sekunden auf der Leinwand zählten unbarmherzig weiter, als der Beamte erneut ansetzte: »Um 12.00 Uhr dreht das Mädchen den Kopf ein wenig. Die Kamera erfasst den Blick des Kindes. Es reißt die Augen weit auf und öffnet den Mund. Dann streckt es einen Arm aus und deutet mit dem Finger in Richtung Gepäckbänder. So, als hätte es etwas entdeckt. Neben dem Mädchen steht die Mutter. Um 12.01 Uhr sieht man weiße Blitze, die Explosion.«
Die nächsten zehn Minuten vergingen für alle Anwesenden endlos langsam. Der Bildschirm blieb weiß, nur die Uhr zählte weiter. Dann konnte man wieder etwas erkennen. Den Ermittlern bot sich ein Bild der Zerstörung: Chaos, Feuer, leblose Körper und einzelne blutige Gliedmaße. Mittendrin stand das kleine Mädchen. Den Arm immer noch ausgestreckt. Es war, als hielte es etwas in seiner Hand, etwas, das tropfte. Einer der geflochtenen Zöpfe hatte sich gelöst. Das Mädchen klammerte sich mit dem anderen Arm ängstlich an das Bein seiner Mutter. Man konnte den weißen Damenpumps erkennen, die leicht gebräunte Haut; um das Knie legte sich der Rocksaum mit hübschem Blumenmotiv. Das Mädchen drückte sich ganz fest daran. Eine Beamtin konnte ein lautes Schluchzen nicht unterdrücken. Die Mutter hatte die Explosion nicht überlebt. Ihr Körper war zerfetzt worden. Alles, was von ihr geblieben war, war dieses eine Körperteil. Das Bein, das das Mädchen nun mit all seiner Kraft umschlang.
Südafrika, 8. Mai 2017, zur gleichen Zeit – Kapstadt
Peter Kromus rieb sich den rasierten Kopf. Er hatte ja schon in einigen unangenehmen Situationen gesteckt, aber dieses Mal war er in Panik. Was, wenn sie ihn foltern würden? Er hatte sich bisher immer in Sicherheit gewogen mit seinem deutschen Pass. Vielleicht zu Unrecht? Schließlich saß er in einer Gefängniszelle, die alles andere als einladend war. Was, wenn er hier nie mehr herauskäme? Wäre er dieses Mal nur vernünftiger gewesen.
Blödsinn!, dachte er. Seit seiner Kindheit hatte er sich auf das Erwachsenenalter gefreut. Diese fantastische Zeit nach all den Gängeleien der Älteren, die einem ständig Vorschriften machten. Er hatte sich damals geschworen, seine Volljährigkeit in vollen Zügen zu genießen. Und das tat er nun bereits seit seinem achtzehnten Lebensjahr sehr ausgiebig. Die letzten zwölf Jahre waren eine Aneinanderreihung von Abenteuern und leichtsinnigen Aktionen gewesen. Trotz seiner Angst musste Peter jetzt schmunzeln. Er dachte an einige verärgerte Damen aus seiner Vergangenheit, die ihm ein einsames und jähes Ende im Gefängnis prophezeit hatten und sich, wüssten sie über seine momentane Situation Bescheid, sicher die Hände reiben würden. Vermutlich käme von mindestens einer der Spruch: »Na, dann wärst du mal lieber bei mir geblieben ...« Aber mit dem »bei mir bleiben« stand Peter nunmal auf Kriegsfuß.
So hatte er dann vor drei Monaten, nach einer etwas turbulenten Geschichte mit einer Frau namens Giselle, die nächste Maschine Richtung »Weit weg« genommen und war in Kapstadt gelandet. Peter betrachtete sich in der Spiegelscherbe über dem verdreckten Miniwaschbecken. Die Bräune hatte er erfreulicherweise noch nicht verloren. Allerdings war er auch erst seit einer Nacht in dieser ungastlichen Behausung. Die Haare hatte er sich glücklicherweise gleich nach seiner Ankunft in Südafrika auf zwei Millimeter herunterrasiert. So musste er jetzt wenigstens keine Probleme mit Ungeziefer fürchten, das sich in seinen dunklen Locken sicher sehr wohlgefühlt hätte. Seine braunen Augen blickten ihn unsicher aus dem Spiegel an. Kurz flackerte erneut die Furcht auf, als er hörte, wie die Tür zum Zellentrakt aufgeschlossen wurde. Sein Herz klopfte und er bekam weiche Knie. Der Wärter öffnete die Tür seiner Zelle und gab ihm ein Zeichen mitzukommen. Peter dachte kurz über eine Flucht nach, als sie sich ihren Weg durch die Menschenmassen suchten, die beschlossen hatten, um diese Zeit die Polizeistation zu bevölkern. Der Wärter sprach Englisch mit Peter. Damit hatte er keine Probleme. Afrikaans wäre ihm jedenfalls sehr viel schwerer gefallen. Ganz zu schweigen von den vielen anderen offiziellen Amtssprachen wie zum Beispiel Siswati, Zulu oder Xitsonga.
Er äugte sehnsüchtig Richtung Ausgang. Leider wurde ihm der Fluchtweg durch eine Gruppe stark übergewichtiger Frauen versperrt, die gerade wild gestikulierend ein Schreikonzert zum Besten gaben. Er seufzte, als ihn der Wachmann unsanft weiterschob. Als sich die Tür des Verhörzimmers hinter ihm schloss, verstummten auch die Schreihälse.
Peter sah sich einem Südafrikaner gegenüber. Der Mann mochte etwa Mitte vierzig sein. Er schaute nur kurz zu Peter auf, nickte und vergrub seinen Kopf wieder in einer Akte. Peter fühlte sich unwohl und dachte an diverse Kinofilme, in denen üble Verhörtaktiken zum Einsatz kamen. Sein Gegenüber sah harmlos aus. Aber sind nicht die Harmlosen die Schlimmsten?
Die Stimme des Südafrikaners riss Peter aus seinen Gedanken. »Mein Name ist Thabo Zuma«, sagte der Schwarze in perfektem Deutsch.
Peter war perplex und verunsichert, aber er hatte keine Zeit zu antworten, der Mann sprach weiter: »Ich habe mir Ihre Aussage angesehen und ich muss schon sagen, Sie scheinen ja wirklich ein richtiger Idiot zu sein.«
Thabo Zuma ließ seine Worte wirken. Er sah die Angst in Peters Augen und hätte ihm gerne noch ein wenig auf den Zahn gefühlt. Er hatte eine ziemlich klare Vorstellung von diesem Deutschen, der sich so sträflich leichtsinnig verhalten hatte. Eine kleine Lektion täte ihm sicher gut. Aber heute war dafür nicht der richtige Zeitpunkt. Nicht nach dem, was passiert war.
Thabo wendete sich ab und lief im Zimmer hin und her. Er hatte zwei Kollegen, zwei Freunde, verloren. Sie waren in einer südafrikanischen Maschine gesessen. Die Explosion hatte den Airbus gleich nach der Landung auf dem Europaflughafen in Deutschland erfasst. Überlebende in der Maschine waren ausgeschlossen. Die Welt war entsetzt, es gab noch keine Neuigkeiten. Die Geheimdienste rotierten. Viele Nationen boten Deutschland ihre Hilfe an, natürlich nicht ganz uneigennützig. Es galt, schnellstmöglich Informationen zu erhalten. Informationen waren das Schmiermittel, das alles am Laufen hielt. Ein »Black Out« wie im Fall Europaflughafen war eine Katastrophe. In so einer Situation ging man immer vom Schlimmsten aus, und die Frage: »Wen trifft es als Nächsten?«, ließ die DEFCON-Stufe sinken. Deshalb schickten die Geheimdienste ihre Leute nach Deutschland, offiziell in diplomatischer Mission. Umgekehrt versuchte man dort »Herr der Lage zu werden« beziehungsweise zumindest den Eindruck zu erwecken. Dafür schickten die deutschen Behörden dürftige Meldungen an die Zentralen der ausländischen Geheimdienste. Doch allen war klar, dass wenige Stunden nach dem »Ereignis« nicht mehr zu erwarten war. Die Geheimdienste waren jedoch nicht die einzigen, die darauf brannten, Neues zu erfahren – längst standen die Medienvertreter vor den Toren des Europaflughafens.
Thabo Zuma riss sich zusammen und blickte erneut auf sein Gegenüber. Seine Meinung stand fest. Er hielt Peter Kromus für einen überheblichen Schönling, der es im Leben zu leicht hatte. Er seufzte, seine persönlichen Gefühle sollten in seinem Job keine Rolle spielen.
Also fuhr er ein wenig freundlicher fort: »Sie behaupten also, Sie haben sich Zugang zum militärischen Sperrgebiet verschafft, um einen »Urban Explorer«-Rekord zu brechen?«
Peter wollte sich zu Wort melden, er musste das besser darstellen. So wie es der südafrikanische Beamte sagte, hörte es sich wirklich an, als wäre Peter ein Idiot.
»Es tut mir leid, wenn ich Ihnen damit Unannehmlichkeiten gemacht habe, das war nicht meine Absicht. Sehen Sie, diese ›Urban Explorer‹-Sache ist vollkommen harmlos, ich sehe mir die Dinge nur an. Ich will nichts zerstören oder stehlen. Ganz im Gegenteil: Wenn ich in einem Gebäude bin, und sehe, dass irgendetwas nicht in Ordnung ist, dann verständige ich sogar den Eigentümer, um so Schlimmeres zu verhindern.«
Thabo hätte dem Jungen am liebsten eine Ohrfeige gegeben. Natürlich hatte er zuerst nicht gewusst, was es mit diesem »Urban Explorer«-Zeugs auf sich hatte. Mittlerweile war er schlauer, das Internet konnte seine Unwissenheit beseitigen. Peter Kromus war also ein leidenschaftlicher »Urbexer«. Er gehörte zu den Menschen, die gerne verlassene, oft auch historische Gebäude, aber auch stillgelegte Kliniken und Schulen, Industrieanlagen, Tunnel oder Kanalisationen aufsuchten, um sie zu erkunden und zu dokumentieren. Deshalb hatte er auch eine Kamera dabei gehabt. Offensichtlich gefiel diesem »Urbexer« die wildromantische Stimmung eines dem Zerfall gewidmeten Ortes. Ein bisschen gruselig war das sicher auch. Thabo hatte sogar ein wenig Verständnis dafür, und wenn er ganz ehrlich war, hätte ihn ein kleines Abenteuer dieser Art auch reizen können. Aber dieser Peter war einfach zu weit gegangen.
Thabo räusperte sich: »Sie haben militärisches Sperrgebiet betreten und sind dann unerlaubt auf ein Kriegsschiff gestiegen, das zum Abwracken im Hafen lag. Jetzt wollen Sie mir erzählen, das alles wäre zum Wohle des südafrikanischen Staates passiert?«
Peter wollte unterbrechen, aber Thabo Zuma hob gebieterisch die Hand: »Sie hätten uns also informiert, wenn es irgendwo im Schiff getropft hätte?« Kurz lächelte Zuma, dann polterte er los: »Was glauben Sie, wer Sie sind? Der verdammte Hausmeister?«
Der junge Deutsche zuckte zusammen und Zuma fuhr unerbittlich fort: »Man hätte Sie erschießen können. In anderen Ländern wären Sie sofort hingerichtet worden. Wir sind hier nicht im Kindergarten und reden auch nicht über einfachen Hausfriedensbruch. Ach, und wie schön, dass Sie auch noch eine Kamera dabei hatten, da müssen wir das Wort ›Spionage‹ gar nicht erst erwähnen.« Zuma funkelte Peter böse an, dem darauf keine Antwort einfiel.
Stattdessen versuchte er abzulenken, und sagte: »Sie sprechen sehr gut Deutsch, Herr Zuma!«
Thabo Zuma musste ein Lächeln unterdrücken und dachte: Dieser Typ ist wirklich ein Kindskopf. Mit strengem Blick antwortete er dem Deutschen: »So, tue ich das?«
Peter nickte eifrig und beobachtete, wie der Beamte in seiner Tasche kramte und etwas herausfummelte. Es war ungefähr 15 Zentimeter lang und röhrenförmig. Er bekam feuchte Hände. Vielleicht war das einer dieser modernen Laser, mit dem man den Gefangenen die Netzhaut verbrannte? Schweiß trat ihm auf die Stirn, als der Südafrikaner mit dem Ding auf ihn zulief und direkt vor seiner Nase einen Auslöser drückte.
Sein gesamter Körper war auf Schmerz eingestellt. Er hatte vor Panik die Augen geschlossen, als ihn Zumas Stimme erlöste: »Hier, unterschreiben Sie das, dann können Sie gehen.«
Peter blickte auf, der Beamte hielt ihm einen Kugelschreiber entgegen. Vor Erleichterung gab er ein Stöhnen von sich. Dann schämte er sich für seinen Kontrollverlust – hoffentlich hatte Herr Zuma das nicht bemerkt. Er griff nach dem Stift und unterschrieb.
Als er aufstehen wollte, legte ihm der Südafrikaner eine Hand auf die Schulter: »Einen Moment, ich muss Ihnen noch etwas mitteilen.« Thabo Zuma setzte sich nun auch und Peter spürte, dass das, was jetzt kommen würde, nichts mit seiner Verhaftung zu tun hatte. Die Nervosität kam zurück.
»Wo wohnen Sie in Deutschland?«
Peters Antwort glich mehr einer Frage: »Berlin?«
Der südafrikanische Beamte schien erleichtert. »Gut. Ich muss Ihnen leider mitteilen, dass es heute um 12.01 Uhr ein schlimmes Unglück auf dem Europaflughafen gegeben hat …«
Zuma erzählte, was er wusste. Er wollte den jungen Mann nicht sich selbst überlassen. Er hätte auch nicht zufällig solch eine Nachricht erfahren wollen, wenn es ein ähnliches Unglück in seiner Heimat gegeben hätte.
Peter schien geschockt. Er hörte die Worte, aber er wollte sie nicht glauben. Erinnerungen an Reportagen über Attentate, Brände und Explosionen schwirrten durch seinen Kopf. Er konnte es nicht fassen, war er doch selbst unzählige Male auf dem Europaflughafen gewesen. Meist als Passagier, einmal auch nur, um den Ausblick von der großen Glaskuppel zu genießen, unter der die Besucherlounge eingerichtet war. Er hatte sich dort immer sicher gefühlt. Flughäfen waren für ihn das Symbol der Freiheit. Peter war ein Weltenbummler und liebte es, unterwegs zu sein. Flughäfen erfüllten ihm diesen Traum vom Reisen und der Europaflughafen war ihm, seit seiner Fertigstellung 2015, der liebste geworden. Dieser Airport war ein gemeinsames Projekt mehrerer EU-Länder gewesen. Er hatte seine Gegner gehabt, aber trotzdem war der Europaflughafen schließlich zu einem Symbol für die Verbundenheit der Nationen geworden. Ein Projekt, das die Menschen wieder mehr für die europäische Idee, die man in den Jahren davor oftmals aus den Augen verloren hatte, begeistern sollte. »Europa bringt uns überall hin!« war der Werbeslogan des Flughafens. Peter dachte an die vielen Menschen, die ständig, wie große Wassermassen, durch die Terminals strömten. Wie viele waren heute gestorben? Tausende hatte Zuma gesagt.
Peter hörte die Worte seines Gegenübers nicht mehr, bis dieser ihn unsanft am Arm schüttelte: »Herr Kromus, haben Sie verstanden? Sie werden nach Deutschland zurückfliegen. Mein Land will, aufgrund der Ereignisse am Europaflughafen, keine diplomatischen Verwicklungen, weil wir einen unreifen Deutschen in unserer Zelle sitzen haben. Allerdings kann meine Regierung Ihr Verhalten auch nicht billigen. Sie werden also umgehend ausreisen.«
Peter nickte. Er wollte zurück nach Deutschland. Eigentlich wusste er nicht, was das nützen sollte, aber irgendwie hatte er das Gefühl, dass es richtig sei.
Zumas Stimme erklang erneut: »Am Cape Town International Airport werden wir ein Flugticket für Sie hinterlegen. Berlin wird im Moment angeflogen. Alles Gute für Sie – und halten Sie sich von militärischem Sperrgebiet fern!«
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